Offener Brief an Regierungsrätin Stephanie Eymann

Sehr geehrte Frau Eymann,
es ist #14Juni 2022,  Feministischer Streik / Frauenstreik. In vielen Schweizer Städten finden Grossdemonstrationen statt, auch in Basel.

Die Vorfreude ist gross, die Demonstration bewilligt. Tausende von Menschen besammeln sich auf dem Theaterplatz. Junge, Alte, Kinder und Jugendliche. Wir sind viele, wir sind bunt und wir sind «hässig». Denn noch immer sind unsere Forderungen unerfüllt: Lohn, Zeit und Respekt scheinen zu viel verlangt.

Kurz nach 18 Uhr startet der Demonstrationszug Richtung Bankenplatz. Ein Grossaufgebot an Polizei, in voller Montur, schwarz behelmt erwartet uns am Strassenrand, UBS und Credit Suisse beschützend.

Wir glauben uns im falschen Film. Und richtig, wir werden tatsächlich von der Polizei gefilmt. Gefilmt an einer friedlichen Demonstration. Artikel 17 des Gesetzes über Information und Datenschutz muss anders gedacht und interpretiert werden, anders ist das alles nicht zu verstehen.

Ein Affront sondergleichen!

Wir begreifen es zwar erst nach und nach, aber der ganzen Route entlang sind wir mit enormer Polizeipräsenz konfrontiert. Eine Hundertschaft mindestens, die Wege versperrend, und bedrohlich nahe mit den Gummischrot-Gewehren im Anschlag, uns «begleitend» und uns vorauseilend. Von 20 Metern Sicherheitsabstand keine Spur… unzählige Einsatzautos und Kastenwagen. Überall.

Wer sich hier noch sicher fühlen kann? Bestimmt Kein:e mit Flucht- und/ oder Kriegserfahrung,  kaum ein:e mit Gewalterfahrung, und das sind nicht wenige(!), noch irgend ein Kind oder ein:e Jugendliche:r.

Wir sind erschreckt, angespannt, unruhig.

Wozu da noch die Dialogteams dienen sollen, bleibt fraglich. Insbesondere, da sich diese immer wieder unter die Demonstrant:innen mischen.

Es ist #14Juni. Frauenstreik / Feministischer Streik.

Nicht Krieg, noch Strassenschlacht.

Noch Tage danach bleiben die Bilder und das Unwohlsein in den Köpfen, und uns bleibt auch:

Wir protestieren auf`s Schärfste, klar und deutlich!

Wir lassen uns nicht präventiv kriminalisieren, noch einschüchtern und auch nicht durch solche aktiv-passive Polizeigewalt provozieren.

Wir fordern, dass die Filmaufnahmen gelöscht werden, der Polizeieinsatz in seinem ganzen Ausmass  kritisch reflektiert und analysiert wird und in dieser Form absolut einmalig war.

«Wäm sini Schtrosse – unseri Schtrosse. Wäm sini Rächt – unseri Rächt!»

Unterzeichnende:  

Michèle, Julia, Karin, Alessandra, Annemarie, Sofie, Ramona, Susy, Victoria, Tonja,  Clara, Madelon, Rhea, Lisa, Laura, Feli, Yvonne, Paula, Martha, Irene, Sabine, Lea, Pascale, Elisabeth, Sina