Das Strafgericht Basel hat heute in einem ersten Fall entschieden, dass die Ausstellung der Busse am 14. Juni 2020 zu Unrecht erfolgt ist. Damit bestätigt das Gericht juristisch im wesentlichen, was das Streikkomitee bereits zwei Jahre zuvor in seiner Petition “Keine Kriminalisierung am feministischen Streiktag” politisch forderte.
Am 14. Juni 2020 organisierten Menschen an verschiendenen Orten der Stadt Platzkundgebungen. Unter dem Slogan “Fraulenzen und Queerstellen” versammelten sich zahlreiche Frauen, und genderqueere Menschen. Nach den Kundgebungen wurde eine Vielzahl von Teilnehmenden auf deren Heimweg von der Kantonspolizei auf der Johanniterbrücke eingekesselt.
Ein Teil der Aktivist*innen wurde auf den Polizeiposten gebracht, bei rund 280 Personen wurden die Personalien festgestellt und im Nachhinein eine Busse von 100.- Franken, wegen Verstosses gegen die Corona-Verordnung ausgestellt.
Das Strafgericht Basel stellte in seinem heutigen Urteil fest, dass die verhandelte Busse zu Unrecht ausgestellt wurde und sprach die angeklagte Person frei.
Der Verteidiger Christian von Wartburg argumentierte in seinem Plädoyer u.a., dass der Bundesrat an seinem Point de Presse Coronavirus vom 18. Mai 2020 zum Thema Demonstrationen explizit erklärt hatte, dass diese nicht mehr als Veranstaltungen zählen würden, und dass unter Einhaltung der Sicherheitsabstandes das Demonstrieren möglich sei. Damit war am 14. Juni 2020 die Begrenzung auf 300 Teilnehmende für Demonstrationen weggefallen und klarerweise verletzte das Verhalten der Frauen keine der COVID-Strafnormen. Der Gerichtspräsident begründete den Freispruch jedoch in der Folge vor allem mit den fehlenden Beweisen.
Als Organisator*innen der Platzkundgebungen waren wir entrüstet über das Vorgehen der Kantonspolizei und später auch der Staatsanwaltschaft. Sind es doch vor allem Frauen und weiblich gelesene Menschen, die den Karren während der Krise aus dem Dreck gezogen haben: Es sind vorwiegend ihre Körper und ihre Gesundheit, die in den Spitälern am Anschlag liefen, in den Supermärkten Beschimpfungen ertragen mussten, daheim den Spagat zwischen Home-Office und Home-Schooling vollzogen oder unter der Zunahme häuslicher Gewalt litten.
Diese Leistungen auch während der Pandemie zum Thema zu machen war das Anliegen derer, die sich an “Fraulenzen und Queerstellen” beteiligten. Insofern ist weder die patriarchal-staatliche Gewalt der Einkesselung noch die später erfolgte juristische Bestrafung nachvollziehbar.
“Die Strafverfolgungsbehörden haben zu Unrecht Bussen von gesamthaft rund 28.000 Franken ausgerechnet zulasten derer ausgesprochen, die zum Thema machten, dass sie mehr Krisenlast getragen haben und doppelt so viel Gratisarbeit leisten,” erklärt Franziska Stier für den feministischen Streik/Frauenstreik Basel. “Es wäre nur gerecht, wenn dieses eingesammelte Geld nun dorthin fliesst, wo es gebraucht wird: in feministische Projekte.”